Alternative Ernährungsformen: Ein kurzer Überblick (Teil 2)
- Säure-Basen-Ernährung (Basische Ernährung)
Grundidee
- Das Konzept besagt, dass viele Menschen „übersäuert“ seien und dies Krankheiten fördern kann.
- Lebensmittel werden in „basisch“ (z. B. Obst, Gemüse, Kartoffeln, Mandeln) oder „sauer“ (z. B. Fleisch, Milchprodukte, Weißmehl, Zucker) eingeteilt.
- Man sollte überwiegend Basenbildner essen, um den Säure-Basen-Haushalt auszugleichen.
Wissenschaftliche Einschätzung
- Der Körper reguliert den pH-Wert im Blut sehr genau – extreme Verschiebungen durch die Ernährung sind selten und meist Ausdruck einer Krankheit, nicht Ursache.
- Dennoch kann man durch eine vorwiegend pflanzliche Kost (also viele „basische“ Lebensmittel) seine Gesundheit unterstützen. Die reine Einteilung in „sauer“ und „basisch“ ist wissenschaftlich jedoch umstritten.
- Trennkost
Grundidee
- Entwickelt vom Arzt Howard Hay Anfang des 20. Jahrhunderts.
- Die Theorie: Kohlenhydrate und Proteine sollen nicht in derselben Mahlzeit verzehrt werden, da die Verdauung sonst erschwert werde.
- Trennkost schreibt daher vor, Proteine (z. B. Fleisch, Fisch, Eier, Käse) getrennt von Kohlenhydraten (z. B. Brot, Nudeln, Reis) zu essen; Gemüse, Salat und neutrale Lebensmittel dürfen kombiniert werden.
Wissenschaftliche Einschätzung
- Der menschliche Verdauungstrakt ist gut darauf ausgelegt, Mischkost zu verwerten. Die strikte Trennung bringt keinen nachgewiesenen Vorteil.
- Einige Menschen fühlen sich damit aber wohler, was eher am allgemein bewusstvollen Essen und der tendenziell „leichteren“ Kost liegen könnte.
- Makrobiotische Ernährung
Grundidee
- Stammt aus Japan und wurde im Westen besonders durch George Ohsawa und Michio Kushi bekannt.
- Fokus auf Vollkorngetreide (insbesondere Reis), Hülsenfrüchte, Gemüse, fermentierte Lebensmittel (z. B. Miso, Sauerkraut) und mäßige Mengen an Fisch.
- Lebensmittel werden auch hier nach Yin- und Yang-Eigenschaften eingeteilt, mit dem Ziel, ein energetisches Gleichgewicht herzustellen.
Wissenschaftliche Einschätzung
- Makrobiotik kann einen hohen Anteil gesunder, vollwertiger Lebensmittel beinhalten.
- Wenn sie jedoch sehr streng praktiziert wird (z. B. nur noch Getreide und Wasser), kann es zu Mangelerscheinungen kommen. Eine gemäßigte Form ist näher an einer ausgewogenen Vollwertkost.
- Rohkost-Ernährung
Grundidee
- Lebensmittel werden ausschließlich oder überwiegend roh verzehrt. Gekocht, pasteurisiert oder anderweitig erhitzte Lebensmittel gelten als „tote“ Nahrung, die wichtige Enzyme oder Vitalstoffe verliert.
- Formen reichen von moderater Rohkost (ein hoher Anteil an rohem Gemüse, Obst, Nüssen, Sprossen) bis hin zum radikalen Verzicht auf jede Form von Erhitzen.
Wissenschaftliche Einschätzung
- Frische rohe Lebensmittel liefern Vitamine und Mineralstoffe. Manche Vitamine sind hitzeempfindlich, gehen also beim Kochen zum Teil verloren.
- Gleichzeitig werden einige Nährstoffe durch Erhitzen aber erst besser verfügbar (z. B. Lycopin aus Tomaten). Zudem kann rigorose Rohkost zu Proteinmangel, Vitamin-B12-Defizit (v. a. bei veganer Rohkost) oder Verdauungsproblemen führen. Ein ausgewogenes Mittelmaß ist oft nachhaltiger.
- Frutarismus (Fructarier)
Grundidee
- Eine extreme Form der veganen Ernährung, bei der nur „Früchte“ gegessen werden, die die Pflanze nicht töten.
- Das heißt z. B. Äpfel, Beeren, Nüsse oder Samen, die ohne Zerstörung der Pflanze geerntet werden können.
- Strengere Varianten verzichten sogar auf Wurzelgemüse, weil die Pflanze beim Ausgraben abstirbt.
Wissenschaftliche Einschätzung
- Sehr restriktiv und birgt ein hohes Risiko für Mangelerscheinungen (z. B. Proteine, essentielle Fette, Vitamine, Mineralstoffe).
- Praktisch kaum durchzuhalten und wird von Ernährungswissenschaftler*innen als bedenklich eingestuft.
- Mayr-Kur (Franz Xaver Mayr)
Grundidee
- Eine Kur zur Darmsanierung und Entschlackung, entwickelt vom Arzt Franz Xaver Mayr.
- Besondere Rolle spielt das intensive Kauen von (häufig) altbackenen Brötchen, kombiniert mit Milch und anderen leicht verdaulichen Speisen. Ziel ist eine „Schonung“ und „Reinigung“ des Verdauungstraktes.
Wissenschaftliche Einschätzung
- Das gründliche Kauen kann tatsächlich die Verdauung verbessern und das Sättigungsgefühl stärken.
- Die Idee des „Entschlackens“ ist jedoch wissenschaftlich umstritten. In milder Form kann die Mayr-Kur zu bewussterem Essen führen.
- Als Dauerernährung ist sie nicht geeignet, wird aber manchmal kurzzeitig als Fastenkur praktiziert.
- Chrono-Ernährung (Chronobiologie)
Grundidee
- Orientiert sich an den natürlichen Biorhythmen des Körpers („innere Uhr“).
- Es gibt die Theorie, dass bestimmte Nährstoffe zu bestimmten Tageszeiten besser oder schlechter vertragen/verwertet werden.
- Beispiele: Morgens mehr Kohlenhydrate, abends weniger, um den Schlaf nicht zu beeinträchtigen.
Wissenschaftliche Einschätzung
- Es existiert Forschung zur Chronobiologie, die zeigt, dass unsere Körperfunktionen (z. B. Hormonausschüttung, Verdauungsenzyme) tageszeitabhängig sind.
- Konkrete Diätpläne nach „Chrono-Ernährung“ sind aber sehr unterschiedlich und teils wenig wissenschaftlich abgesichert.
- Ein gewisses Maß an Tagesrhythmus (regelmäßige Mahlzeiten, nicht zu spät abends große Mahlzeiten) kann jedoch für viele Menschen förderlich sein.
- Anthroposophische Ernährung
Grundidee
- Basierend auf den Lehren von Rudolf Steiner (Begründer der Anthroposophie und der Waldorfpädagogik).
- Kombiniert Aspekte der Biodynamik (Demeter-Landwirtschaft), einem möglichst naturnahen Anbau und der Idee, dass Lebensmittel eine „Lebenskraft“ enthalten.
- Die Auswahl von Lebensmitteln und ihre Zubereitung sollen den Menschen ganzheitlich stärken, nicht nur körperlich, sondern auch seelisch-geistig.
Wissenschaftliche Einschätzung
- Die anthroposophisch orientierte Kost legt Wert auf hochwertige, möglichst unverarbeitete Nahrungsmittel aus biologischem bzw. biodynamischem Anbau, was an sich positiv ist.
- Die spirituellen Konzepte und die genaue Einteilung von „Lebenskraft“ in Lebensmittel sind nicht naturwissenschaftlich belegt, für manche Menschen aber ideologisch oder spirituell bedeutsam.
Wichtige Hinweise zum Schluss
- Vielfalt und Ausgewogenheit: Viele alternativen Ernährungsformen haben interessante Ansätze (z. B. den Fokus auf frische, unverarbeitete Lebensmittel), sind aber oft zu einseitig, wenn man sie streng umsetzt.
- Mangelrisiken: Wer ganze Lebensmittelgruppen weglässt, sollte besonders auf Nährstoffversorgung (Proteine, B-Vitamine, Mineralien usw.) achten.
- Individuelle Passung: Nicht alles funktioniert für jeden gleich gut. Faktoren wie gesundheitliche Vorgeschichte, Alter, Aktivitätslevel und persönliche Vorlieben spielen eine große Rolle.
- Fachliche Beratung: Bevor man eine stark eingeschränkte oder sehr spezielle Diät ausprobiert, lohnt es sich, professionelle Unterstützung zu suchen, um Mangelerscheinungen vorzubeugen.
- Kurzum: Es gibt eine Vielzahl an alternativen Ernährungsansätzen. Einige basieren auf traditionellen oder spirituellen Vorstellungen, andere versuchen, den Stoffwechsel oder den Darm besonders zu schonen. In der Praxis sind die Ergebnisse individuell. Wichtig ist, die Grundsätze einer gesunden Ernährung (Vielfalt, genügend Nährstoffe, ausgewogene Kalorienbilanz) nicht aus den Augen zu verlieren.